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Anspruchsvolle Ziele des EU „Winterpakets“

8. März 2017 12:53:35 MEZ

Am 30. November 2016 legte die Europäische Kommission den Entwurf für die wahrscheinlich weitreichendste Reform der Energiepolitik der EU in den letzten zehn Jahren vor. Das sogenannte „Winterpaket“ – der offizielle Titel lautet „Saubere Energie für alle Europäer“ – ist ein umfangreiches Paket an Gesetzesvorschlägen, Kommissionsentscheidungen sowie offiziellen Mitteilungen und Berichten.

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Entsprechend ambitioniert ist die Zielsetzung des Paketes, nämlich die Gestaltung der Energiewende hin zu einer kohlenstoffarmen Versorgung innerhalb der nächsten 10-15 Jahre. Dafür sind Rahmenbedingungen notwendig, die einerseits dem Pariser Abkommen zur CO2-Reduktion genügen und grundlegende Veränderungen bei Energieerzeugung und -verbrauch zulassen, und andererseits die Eckpunkte des Energiemarktes definieren und den Verbraucher in dessen Zentrum rücken.

Inhalt des EU-Winterpakets:

 Legislativvorschläge (4 Richtlinien und 4 Verordnungen)
 Kommissionsentscheidungen
 offizielle Mitteilungen und Berichte
 Begleitende Anhänge
 Folgenabschätzungen
 Richtlinien
Mehr als 1000  Seiten umfassen allein die Vorschläge zur Gesetzgebung


Die Kommission schätzt, dass die notwendigen jährlichen Investitionen der EU in die Energieinfrastruktur zwischen 2021 und 2030 75 Mrd. EUR betragen werden – 80 Prozent davon in erneuerbare Energiequellen und in die Netzinfrastruktur.

Die Legislativvorschläge des Winterpakets:

Was heisst das für das Smart Metering?

In einem der begleitenden Dokumente bemängelt die Kommission die relativ geringe Durchdringung von intelligenten Stromzählern (Smart Meter) in der EU. Daraus ergeben sich Hinweise auf die Unwirksamkeit der Bestimmungen im 3. Energiepaket und in der Richtlinie zur Energieeffizienz (Energy Efficiency Directive). Viele Mitgliedstaaten führen Bedenken hinsichtlich der technischen Durchführbarkeit und der finanziellen Tragfähigkeit an, um grosszügige Ausnahmeregelungen von der Verpflichtung zur Einführung des Smart Metering zu rechtfertigen. Daher wird in diesem Paket vorgeschlagen, dass diejenigen Mitgliedstaaten, deren nationale Kosten-Nutzen-Analysen zum Smart Metering negativ ausfallen, diese Bewertungen periodisch zu überprüfen haben, um Veränderungen der Grundvoraussetzungen, der Technologie und der Marktentwicklung zu berücksichtigen.

Während die Smart Metering-Bestimmungen des 3. Energiepakets lediglich Teil des Anhangs zur Richtlinie zur Energieeffizienz waren, hat die Kommission die neuen Bestimmungen nun in den Hauptteil der Rechtsvorschriften aufgenommen. Ebenfalls zum ersten Mal werden Definitionen für Smart Metering-Systeme und Interoperabilität empfohlen.

Smart Metering-Systeme: „ein elektronisches System, das den Energieverbrauch messen und mehr Informationen liefern kann als ein konventioneller Zähler, sowie Daten zum Zwecke der Information, Überwachung und Kontrolle mittels elektronischer Kommunikation übertragen und empfangen kann.“

Interoperabilität: „im Smart Metering die Fähigkeit von zwei oder mehreren Energie- oder Kommunikationsnetzen, Systemen, Geräten, Anwendungen oder Komponenten zusammenzuarbeiten, Informationen auszutauschen und zu nutzen, um notwendige Funktionen auszuführen.“

 
Zu den grössten Hürden des Smart Metering Rollouts in Europa zählten in der Vergangenheit die Kämpfe um die Kostenverteilung. Daher schlägt die Europäische Kommission vor, «in einer transparenten und nicht diskriminierenden Weise» auch die Endkunden an den Kosten für Smart Metering zu beteiligen. Derzeit haben Endverbraucher auch bei einem negativen nationalen CBA noch immer das Recht auf einen intelligenten Zähler. Die Installation kann allerdings bis zu 3 Monaten auf sich warten lassen – trotz vollständiger Kostenübernahme durch den Konsumenten.

Obwohl die meisten EU-Mitgliedsstaaten ihre Bevölkerungen schon in der Vergangenheit transparent über die grundlegenden funktionalen und technischen Anforderungen eines Rollouts informierten, soll dies nun durch die neue Elektrizitätsrichtlinie zur Pflicht werden. Zudem sollen sich diese Mindestfunktionalitäten mit den im März 2012 herausgegebenen Smart Metering-Empfehlungen decken. Eine grosse Rolle im Konzept der Kommission für das Energiesystem der Zukunft spielen Flexibilität und Demand Response. Mitgliedstaaten sollten ausserdem die Interoperabilität ihrer Smart Metering-Systeme sowie ihre Konnektivität zu Energie-Management-Plattformen für Endverbraucher gewährleisten.

Das Paket beschäftigt sich nicht nur mit Elektrizitätsmessung. Bei der Überarbeitung der Energieeffizienz-Richtlinie schlägt die Kommission vor, in Mehrparteien- und Mehrzweckgebäuden pro Wohneinheit Einzelzähler für Heizung, Kühlung und Warmwasser zu installieren. Ab dem 1. Januar 2020 müssen neu installierte Zähler und Kostenverteiler die Möglichkeit zur Fernauslesung besitzen. Ab dem 1. Januar 2027 erfolgt dann die Auswertung der Zähler nur noch per Fernablesung.

Intelligente Messdaten im Fokus

Erstmals werden Intelligente Messdaten in einem Gesetzesentwurf behandelt. Die Mitgliedstaaten sollten festlegen, welche Parteien (Übertragungsnetzbetreiber, Verteilnetzbetreiber (VNB), Lieferanten, Aggregatoren, Energiedienstleister etc.) Zugang zu den Mess- und Verbrauchsdaten bekommen (mit Zustimmung des Verbrauchers). Keine Empfehlung hingegen enthalten die Vorschläge darüber, wer die Daten verwalten soll. So bleibt es offen, ob etwa ein VNB die Daten sammelt und verteilt, oder ein Data-Hub-Modell verwendet werden soll. Einzige Vorgabe ist, dass die Bereitstellung der Daten «nicht diskriminierend» sein dürfe. Darüber hinaus sollen die Mitgliedstaaten ein gemeinsames Format sowie ein transparentes Berechtigungsverfahren für den Zugang zu den Daten definieren. Ziel ist es, Standardinformationen und -abfolgen europaweit maschinell einlesbar zu machen, womit der Wettbewerb im Energiehandel gefördert und übermässige Verwaltungskosten vermieden werden sollen.

Kleine Schritte auf dem Weg zu einer grossen Veränderung

Dies sind nur einige der Vorschläge der Europäischen Kommission. Im Gesamtpaket sind ausserdem Abschnitte über die Rolle und die Zuständigkeiten der Netzbetreiber zu finden, ebenso wie die Einrichtung einer übergeordneten Instanz für alle VNB in Europa, die über der De-minimis-Klausel beim Unbundling liegen. Diese soll Pläne ausarbeiten für die Entwicklung Demand Response, aber auch für die «Digitalisierung von Verteilungsnetzen, einschliesslich des Einsatzes von Smart Grids und intelligenten Messsystemen».

Offen ist, wie lange es dauern wird, bis die Vorschläge des «Winterpakets» umgesetzt werden. Energieunions-Kommissar Sefcovics sähe das Paket zwar gerne bis Ende des Jahres verabschiedet. Jedoch hat die Realität bereits beim dritten (und deutlich kleineren) Energie-Paket gezeigt, dass solche Vorlagen in der Regel zwei Jahre und mehr benötigen, um von Rat und Parlament verabschiedet zu werden. Fest steht allerdings, dass die neuen Regelungen spätestens ab 2020 den Marktrahmen definieren werden, in dem sich Landis+Gyr und deren Kunden bewegen werden.

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